Das ist wohl das ehrgeizigste Projekt, das ich mir bis jetzt für meinen Blog vorgenommen habe (außer überhaupt regelmäßig Beiträge zu schreiben): eine Sütterlin-Schreibschule. Eigentlich hatte ich nur den bescheidenen Plan, zumindest einem der Niblings die deutsche Schreibschrift schmackhaft zu machen (die haben ja auch gerade nicht so viel zu tun). Der ist überraschenderweise tatsächlich aufgegangen und weil es ziemlich lahm wäre, ihnen einfach nur ein paar linierte Blätter mit vorgeschriebenen Buchstaben zu schicken, werde ich die Schreibschule auch auf den Blog packen. Deshalb zuerst einmal: Hallo an F. und S. – keine Ahnung, ob ihr euch hier schon einmal hin verirrt hattet. Joah, das wäre es auch mit der großen Vorrede. Schauen wir mal, wie das hier so wird.
Was du für die Sütterlin-Schreibschule brauchst
Der Materialaufwand zum Erlernen einer Schreibschrift hält sich zum Glück in Grenzen. Für den Anfang ist Papier mit der passenden Lineatur (siehe nächster Absatz) wichtig. Das findet ihr hier auf der Download-Seite. Zum Schreiben solltet ihr einen Stift mit rundem Strich verwenden, der weder zu dick, noch zu dünn ist. Ideal ist ein Füller mit Federstärke M, aber ein Tintenroller oder ein Bleistift tun es natürlich auch, von einem Kugelschreiber würde ich eher abraten.
Natürlich ist auch die Arbeitsumgebung wichtig. Auf dem Sofa mit dem Block auf den Knien wird es eher nicht so gut laufen – aber wir ihr ordentlich am Tisch sitzt, muss ich euch wahrscheinlich nicht erklären. Nehmt euch auch nicht vor, das ganze Ding an einem Tag durchzuprügeln. Zwei bis vier Buchstaben auf einmal neu zu lernen reicht vollkommen aus. Stundenlange Übungen sind auch nicht notwendig, im Gegenteil, die wären eher kontraproduktiv, eine Viertelstunde bis 20 Minuten sind eine angemessene Übungszeit.
Noch ein bisschen Theorie
In meinem ersten Sütterlin-Post hatte ich es schon einmal kurz angeschnitten: Die Ober-, Unter- und Mittellänge der Sütterlinschrift sind gleich lang. Was bedeutet das?
Die Buchstabenhöhen einer Schrift orientieren sich an einem Liniensystem, der Lineatur. Diese besteht meist aus vier Linien, die die Zeile in drei Bereiche unterteilen. Ich hab da mal was vorbereitet …
1 – Unterlinie 2 – Grundlinie 3 – Mittellinie 4 – Oberlinie | a – Oberlänge b – Mittellänge c – Unterlänge |
Diese Lineatur kennt ihr bestimmt noch aus Grundschulzeiten. Gerade am Anfang ist die Lineatur sehr hilfreich, um einheitliche Höhen und Längen zu erhalten, damit das Sütterlin auch schön preußisch-akkurat aussieht. Sobald man ein Gefühl für die Buchstabenproportionen hat, kann man zu ganz normalem liniertem Papier wechseln.
Aufbau der Sütterlin-Schreibschule
In jeder „Lektion“ In jedem Blogbeitrag zur Sütterlin-Schreibschule werde ich euch einige wenige Buchstaben vorstellen, ich gehe dabei jedoch nicht in alphabetischer Reihenfolge vor, sondern eher nach dem Aufbau der Buchstaben. Jeder Buchstabe/jede Buchstabenkombination wird dabei als Bild sowie als GIF gezeigt, sodass ihr die Schreibrichtung nachvollziehen könnt (und ich nicht unendlich viele kleine Pfeile an die Buchstaben malen muss). Zudem gibt es auch ein paar Beispielwörter, die mit den bereits bekannten Buchstaben geschrieben werden können, diese findet ihr (teilweise) auch auf euren Blättern.
Wenn man ein halbwegs gleichmäßiges Zickzackmuster zeichnen kann, ist das beim Sütterlin-Schreiben quasi die halbe Miete. Schnappt euch also euren Stift, Papier und dann kann es auch schon losgehen.
Die Buchstaben n, i, m und e
Das kleine n
Fangen wir mit dem kleinen n an. Wie fast alle Buchstaben des Sütterlin-Alphabets wird es ohne abzusetzen geschrieben. Die Aufstriche (also die von unten nach oben geführten Linien) verlaufen dabei schräg, die Abstriche (die von oben nach unten geführten Linien) gerade.
Das kleine i
Auch das kleine i sieht seinem lateinischen Gegenstück recht ähnlich. Wer das kleine n beherrscht, kann auch das kleine i locker aus dem Handgelenk schütteln. Achtet darauf, dass der i-Punkt etwas länger gezogen ist.
Das kleine m
Langsam wird ein Muster erkennbar …
Beim Schreiben des kleinen m solltet ihr darauf achten, dass alle Abstriche parallel zueinander sind und auch alle Aufstriche. Dann geraten die Zacken des m auch gleichmäßig.
Mit den drei Buchstaben n, i und m könnt ihr jetzt schon erste Wörter schreiben, so spannende Sachen wie „in“, „im“, „nimm“ und als besonderes Highlight „mini“ und „mimimi“.
Das kleine e
Das kleine e sorgt zu Anfang wahrscheinlich für die größte Verwirrung, da es so gar nicht wie der uns bekannte lateinische Buchstabe aussieht. Hinzu kommt, dass es auf den ersten Blick auch dem Sütterlin-n recht ähnlich sehen kann, deshalb ist es überaus wichtig, dass die beiden Abstriche eng zusammenstehen. Wegen dieser Ähnlichkeit zwischen den beiden Buchstaben gibt es eine zweite Variante (jeweils rechts in Bild und GIF), bei welcher der verbindende Aufstrich weggelassen wird. Doch auch hier stehen die zwei Senkrechten dicht beieinander. Ich persönlich bevorzuge die zweite Variante, da sie es einem auch ermöglicht, zwischendurch den Stift abzusetzen. Der Einheitlichkeit halber sollte man sich innerhalb eines Textes für eine Version entscheiden.
Mit dem kleinen e lassen sich nun schon eine ganze Menge mehr Wörter schreiben. Bei „nie“, „innen“ und „einen“ habe ich die offene Variante des e geschrieben, bei „ein“ und „meine“ die geschlossene. Probiert abwechselnd beide e-Versionen aus, wahrscheinlich werdet ihr euch schlussendlich auch für eine von beiden entscheiden. Hauptsache ist, dass ihr innerhalb eines Textes bei einer Variante bleibt (das macht es auch für den Leser oder die Leserin einfacher) und dass die Abstriche eng beieinander stehen.
Im nächsten Teil der Sütterlin-Schreibschule
Das war der erste Teil der Sütterlin-Schreibschule. Wahrscheinlich seid ihr jetzt total motiviert und angefixt, Blätter voll mit „eine“ und „mimimi“ zu schreiben, aber denkt dran: Übertreibt es nicht. 😉
Im nächsten Teil geht es mit u, ü, t und *Trommelwirbel* dem ersten Großbuchstaben, T, weiter.
Bis dahin,
Teil 1: Einführung, Buchstaben n, i, m, e
Teil 2: u, ü, t, T, s, S
Teil 3: h, k, C/c, ch, ck, L/l, B/b
Teil 4: I, J/j, f, ß
Teil 5: U, Ü, E, D/d
Teil 6: A/a, Ä/ä, O/o, Ö/ö, G/g, Q/q
Teil 7: Lang-s und Rund-s
Teil 8: F, H, K, P/p, R/r
Teil 9: N, M, V/v, W/w
Teil 10: X/x, Y/y, Z/z
Teil 11: Sütterlin-Zahlen und -Zeichen
Das ist eine schöne Seite, ich werde hier öfters hinein schauen. Habe allerdings auch noch Anleitungs- und Übungshefte.
Da habe ich ja mal eine wunderbare Seite gefunden, die in bewegten Bildern zeigt, wie die Buchstaben geschrieben werden. Gute Idee, gut gemacht. Schon lange wollte ich damit beginnen Sütterlin zu lernen. Jetzt im Ruhestand habe ich endlich damit angefangen. Lesen konnte ich es so einigermaßen, wenn es sich um korrekte Handschriften handelte. Das kam mir entgegen, als ich im vergangenen Jahr das Leben meiner Großeltern (geb. 1894 und 1895) und meiner Mutter erforschte und dabei sogar zum Teil mit der Kurrentschrift konfrontiert wurde. Meine Mutter hat noch Sütterlin in der Schule gelernt und mußte dann nach dem Verbot 1941 auf Latein umlernen. Bei diesen Forschungsarbeiten entstand bei mir der Wunsch, nun endlich auch das Schreiben von Sütterlin zu lernen. Der Ruhestand und Corona verschaffen mir so viel Zeit, daß ich tatsächlich damit begonnen habe. Und es macht verdammt viel Spaß, besonders mit Hilfe des Internets und so tollen Seiten wie dieser. Vielen Dank dafür!
Hi, ich habe mich auch eingehend mit Sütterlin beschäftigt, da ich die Korrespondenzen und das Kochbuch meiner Uroma in lateinische Schrift übertragen habe. Ich habe noch eine Ergänzung.
Um „nn“ und „mm“ abzukürzen macht man über „n“ und „m“ einen waagerechten Strich machen.
LG
Liebe Lotti, danke für den Hinweis. Ich werde den Beitrag demnächst darum ergänzen.
LG, Lena