Im siebten Teil der Sütterlin-Schreibschule geht es um den Unterschied zwischen den zwei Formen des kleinen s: das Lang-s und das Rund-s.
Das Lang-s

In Teil 2 der Schreibschule habt ihr bereits das Lang-s kennengelernt. Das Lang-s kommt immer am Anfang eines Wortes (1) oder einer Silbe (2), innerhalb einer Silbe (3) oder auch am Ende einer Silbe zum Einsatz, wenn nach dem -s kein Teilwort folgt (4).

Das Rund-s


Das Rund-s wird nicht ohne Grund auch Schluss-s oder End-s genannt, denn es wird am Wort- und Silbenende verwendet. Der Rechtsbogen des Rund-s wird nicht als Oval, sondern kreisförmig gezeichnet, achtet also darauf, dass es nicht zu schmal wird.
Hier sind zunächst einmal ganz klassische Beispielwörter:

Ganz knapp zusammengefasst gibt es eine einfache Grundregel, die den Einsatz des Rund-s definiert:
Das Rund-s steht nur am Ende einer Silbe, eines Einzel- oder eines Teilwortes*. In allen anderen Fällen wird das Lang-s verwendet.
*Bei einem Teilwort handelt es sich um einen Wortteil, der auch als eigenständiges Wort bestehen könnte.
Ein paar kleine Ergänzungen gibt es noch zu dieser Grundregel.

Wörter mit doppeltem End-s gibt es bei Sütterlin nicht!

Wörter mit dreifachem Lang-s gibt es nicht!
Endsilben und Personalendungen (die Endungen bei konjugierten Verben, die sich auf die Person beziehen) gelten nicht als Teilwörter, dementsprechend steht vor ihnen das Lang-s.

s-Kombinationen
Innerhalb eines Wortes können die beiden s-Formen oder auch zwei Lang-s aufeinandertreffen – aber nie, absolut niemals treffen zwei Schluss-s aufeinander. Nie.
Lang-s + Lang-s

Wörter, die mit doppeltem s geschrieben werden, werden in der Sütterlinschrift meist mit doppeltem Lang-s geschrieben. Hierbei sind Einzelwörter gemeint, keine Zusammensetzungen!
Also zum Beispiel:

Rund-s + Lang-s

Wenn das erste s in einer s-Dopplung das Ende eines Teilwortes bildet, wird dieses als Rund-s geschrieben.

Lang-s + Rund-s

Das zweite s einer s-Dopplung wird als Rund-s geschrieben, wenn es sich dabei um das Wortende oder das Ende eines Teilwortes handelt.

Lang-s + Rund-s + Lang-s

Für den seltenen Fall, dass in einem Wort drei s aufeinandertreffen, etwa wenn der Imbissstand auf der Schlossstraße außer Nussschnitten auch Flusssand verkauft, entsteht die Kombination aus Lang+s plus Rund-s plus Lang-s. Im Prinzip handelt es sich dabei nur um eine Verknüpfung der beiden vorigen Regeln. (Ich habe bei den Beispielwörtern mal auf die penible Buchstabeneingrenzung auf bereits bekannte verzichtet.)

Abschluss und Schreibübung
Das wäre das Wichtigste, was ihr zum End-s und Lang-s wissen müsst. Selbstverständlich gibt es auch hier die sprichwörtlichen Ausnahmen zur Regel, aber auf diese speziellen Fälle können wir ein andermal eingehen. Oder ihr fragt einfach, wenn es eine Unklarheit geben sollte.
Damit ihr weiterhin gut beschäftigt seid, habe ich mir ein paar Sätze für euch ausgedacht, bei denen ihr selbst entscheiden müsst, welche s-Form benutzt werden muss. Wie immer gelangt ihr über einen Klick auf das Bild direkt zum PDF-Download.
Die Auflösung gibt es hier (aber erst nach dem Schreiben vergleichen!).
Edit 11.01.2022: Es hatten sich zwei Fehler eingeschlichen, das Lösungsblatt wurde korrigiert. Danke an Wiebke für den Hinweis!
Im nächsten Teil
Beim Erstellen der Schreibübung ist mir aufgefallen, dass unbedingt die Großbuchstaben H, F und M als nächstes drankommen müssen, denn ich musste leider den Satz zu dieser goldenen Maus mit dem gelockten Fell weglassen. Aber lasst euch überraschen! (Soll heißen, ich habe noch nichts weiter vorbereitet.)
Also, bis dahin,

Teil 1: Einführung, Buchstaben n, i, m, e
Teil 2: u, ü, t, T, s, S
Teil 3: h, k, C/c, ch, ck, L/l, B/b
Teil 4: I, J/j, f, ß
Teil 5: U, Ü, E, D/d
Teil 6: A/a, Ä/ä, O/o, Ö/ö, G/g, Q/q
Teil 7: Lang-s und Rund-s
Teil 8: F, H, K, P/p, R/r
Teil 9: N, M, V/v, W/w
Teil 10: X/x, Y/y, Z/z
Teil 11: Sütterlin-Zahlen und -Zeichen
8. Mai 2022 um 0:56 Uhr
Evtl. Anmerkung zum Wort „loslegen“.
Das End-S am Ende einer Silbe/Teilwortes, war auch dazu gedacht, die Sinnhaftigkeit eines Wortes zu veranschaulichen.
So schrieb man „Vers|enden“, wenn es sich auf die Vers|enden eines Gedichtes Bezog, mit End-S am Ende des Teilwortes, während man die Aufforderung etwas postalisch zu versenden mit Mittel-S schrieb, da es keine Teilwörter hat.
Stimmen Sie mir dann zu, dass „loslegen“ mit Mittel-s geschrieben werden muss?
Loslegen mit einer Sache hat keine Teilwörter.
Los|legen mit End-S würde eher darauf hindeuten, dass man ein Los legt.
Sonst aber: Schöne Seite.
Lieben Gruß
Jana
26. Januar 2022 um 20:34 Uhr
Sehr schöne Schreibschule!
Kleine Korrektur: Im Übungstext zum „s“ fehlt im letzten Satz ein „uns“.
Und ein paar Fragen:
Beim Wort „Abschluss“ in dieser Übung kam ich ins Grübeln. Das wurde in meiner Kindheit als „Abschluß“ geschrieben. Dies und z.B. „daß“ und „Maß“ müssten dann in Sütterlin mit dem „ß“ am Ende geschrieben werden, oder?
Ich vermisse außerdem das Thema Ligaturen. Gibt es die im Sütterlin nicht?
LG Andreas
1. Februar 2022 um 15:26 Uhr
Lieber Andreas,
danke und bitte entschuldige die späte Rückmeldung.
Das Übungsblatt werde ich schnellstmöglich korrigieren, danke für den Hinweis.
Bezüglich der ß-Schreibung: Ich verwende durchgehend die neue Rechtschreibung, aber es bleibt dir natürlich überlassen, weiterhin dort ein ß zu schreiben, wo es durch ein Doppel-ss ersetzt wurde. („Maß“ würde in diesem Falle „Maß“ bleiben, da nach einem langen Vokal das ß bestehen bleibt.)
Ligaturen werden einmal in Lektion 2 im Rahmen des St- erklärt und dann noch einmal beim kleinen c (in Lektion 3) angesprochen.
Viele Grüße,
Lena
4. Januar 2022 um 23:00 Uhr
Sehr gut gemacht und sehr hilfreich, sogar ohne Übungen sind mir jetzt schon einige Lichter aufgegangen!
5. Januar 2022 um 18:01 Uhr
Lieber Rainer,
es freut mich, dass ich dir weiterhelfen konnte.
LG, Lena
29. September 2021 um 9:22 Uhr
Gut erklärt für Handschrift-Aufgaben, jedoch für PC-Arbeit wäre die Tastenkombination oder der Alt-Code angebracht. Bei wörtlichen Wiedergaben oder Zitate ist es besser die ausgedruckten Texte im Original zu schreiben. Das gilt für Testamente älterer Zeit oder Abschriften aus Kirchenakten.
Aber auch für die Drucklettern, die der Altdeutschen Schrift nachempfunden sind, sollte dies gelten. Das gilt für mich als Charakter der Schrift unserer Voreltern.
PS: Ich habe in meiner Schulzeit noch Sütterlin gelehrt bekommen und konnte Menschen helfen, Dokumente zu „übersetzen“.
14. Oktober 2021 um 11:07 Uhr
Lieber Wolfgang,
danke für deinen Kommentar. Ich habe mich aber bewusst nur auf eine handschriftliche Schreibschule konzentriert, da sie in erster Linie Beschäftigung für meine Nichten und Neffen sein sollte.
LG, Lena